Der pedantische, übermotivierte Spießbürger
Mein absolutes Lieblingsexemplar. Warum? Weil er so häufig vorkommt. Es ist erstaunlich, wie oft er sich in vorgabewirksamen Turnieren und Mannschaftsspielen herumtreibt. Wenn man einigermaßen empathisch durchs Leben läuft, merkt man relativ früh in der Runde, dass dieser Typus einfach nicht aus seiner Haut kann. Wettkampf-Golf ist sein Elixier. Die Lebensfreude hängt eindeutig davon ab, wie er selbst performt, und ob er besser als seine Mitspieler ist. Gibt sich zu Anfang der Runde besonders lässig, verbohrt aber im Laufe der Runde immer mehr. Dabei wirkt er so verkniffen, dass man die Uhr danach stellen kann, wann er mit der ersten „Regelfrage“ um die Ecke kommt. Meist gipfelnd in einem „wenn ich Dein Zähler wäre, könnte ich Dir den unmöglich gut geben, denn meiner Meinung nach, ist er nicht vollumfänglich im Spielfeld. Ich habe das gerade über den Pfosten gepeilt“. Oder damals auch noch „ich habe nicht gehört, dass Du provisorisch gesagt hast“. Wenn er schlecht spielt, ist die Laune vollends dahin, und man sollte möglichst viel Abstand zwischen sich und dem Häufchen Selbstwertgefühl legen.
Meine Theorie dazu ist (ähnlich wie bei der rechtsblinkenden Schildkröte), dass es sich um Typen handelt, die im alltäglichen Leben wenig bis gar nichts zu melden haben. Das kann das Zuhause oder den Job betreffen. Da es sich zu 99 % um männliche Kandidaten handelt, ist es ziemlich offensichtlich, dass das Helden-Dasein dann eben auf dem Platz gelebt werden muss. Die Wiederherstellung seiner eigenen Laune erfolgt erst nach und nach wieder beim „Brumm Brumm“ auf dem Heimweg in der Phallusprothese.
Der Platzreporter
Der Platzreporter trifft selbst keinen Ball richtig, aber kommentiert jeden Schlag und jede Runde der Mitspieler. Schon beim Abschlag bekommt man ein „dünn getroffen, oder?“ an den Kopf geworfen, während er seinen Ball ins Aus befördert. „Oh, haste verkehrt gelesen?“, „Schöner Treffer, aber zu weit links“, und „Mark spielt hier immer das Birdie“ sind Standard-Floskeln in seinem Reporter-Vokabular.
Viel schlimmer ist aber seine Terrassen-Doku über die eigene Runde. Er erinnert sich an jedes gespielte Loch auf jedem jemals in seinem Golferleben gespielten Platz. Und er gibt seine Runde auch sehr gerne in chronologischer Reihenfolge auf der Terrasse wieder. Sobald er mit „Also, an der 1 ging es schon los“ startet, sollte mal rasch duschen gehen und die Zeit im Dusch- statt in seinem Redefluss verbringen. Die Versuche, auch mal einen seiner eigenen Schläge der Runde zum Besten zu geben, scheitern in der Regel kläglich an seinem mangelnden Interesse. Wer ihm psychologisch helfen möchte, gibt ihm die sehnlichst erhoffte Bestätigung.
Der Nordic Walker
Er hat irgendwo gelesen, dass Golfer fünf Jahre länger leben und versucht jetzt seine talentfreie Zone auf den Golfplatz zu bringen. Der Sport an sich interessiert ihn nicht. Etikette? Egal. Latscht durch Puttlinien, bessert keine Divots aus, und spielt jeden Hack-Chip noch 1-2 x neu hinterher. Meist anzutreffen im fortgeschrittenen Alter. Der Walker blockiert die Bahnen nicht bösartig (wie die rechtsblinkende Schildkröte), er weiß es einfach nicht besser. Er hat kein Zeitgefühl und will eigentlich nur mal schön Spazierengehen.
Golf ist anscheinend auch eine der wenigen Sportarten, bei denen dann keinerlei Interesse für den Leistungssport entwickelt wird. Ich erinnere mich, dass wir uns damals zur Abfahrt zum Ryder Cup in Gleneagles auf dem Parkplatz des Clubs mit unserem Pro getroffen haben. Zwei Viererflights „Nordic Walker“ liefen nacheinander vorbei, und fragten den Pro, wohin er denn fahren würde. „Zum Ryder Cup nach Schottland“, antwortete er. Die Walker daraufhin: „Toll, spielst Du da denn mit?“.
Kein Golflehrer dieser Welt hatte bisher den Mut, einem hoffnungslosen Bewegungslegastheniker lieber den parallel zum Golfplatz verlaufenden Wanderweg zu empfehlen, obwohl er ausschließlich für diesen Typus jeden Morgen im Streifen direkt vor den Matten die Bälle sammelt ..
„Charlie Brown“
Spielt für den außenstehenden Betrachter passables Golf, kommentiert aber so ziemlich jeden Schlag mit Unzufriedenheit. Eigentlich sind alle Schläge bei ihm unsauber getroffen. Zudem hat er vor dem Spiel etwas Falsches gegessen, ist zu spät losgefahren, konnte nicht auf die Range, ist mitten in der Schwungumstellung, und hatte zuletzt vor einem halben Jahr die Schläger in der Hand. Trifft auf der Range angeblich jeden Schlag sauber. Aber sonst ist alles immer schlecht. Hat auf dem Platz viele Bahnen, die einfach nicht zum Schwung passen. Regelmäßig vernimmt man „Ach nö, die Bahn schon wieder“ und „Oh Mann, hier schlage ich immer ins Wasser“.
Ein Pro beschrieb ihn mal so: „den triffst Du an einem sonnigen Montagmorgen auf dem Parkplatz und wünscht ihm einen herrlichen Guten Tag. Er antwortet Dir, dass er mal sehen müssen, wie dieser Morgen werden würde, weil er ja noch auf die Runde MÜSSE“. Damit ist wohl alles gesagt. Er gilt im wahren Leben als bemitleidenswerter Perfektionist. Echte Schwerstarbeit in einem Flight mit diesem Typus im Flow zu bleiben.
Der Sky-Profigolfer
Der Sky-Profi weiß wirklich alles, und er bemüht sich redlich, die Attitüden der Profis in sein Gehabe auf dem Platz einzubauen. Er erzählt von Tee 1 an, wer alles wie und wo seinen Ball am Wochenende (bei der Übertragung der PGA Tour ab 01:35 Uhr MEZ) bei den „Barracuda Open“ in die Wicken geklopft hat. Eigentlich uninteressant, aber dann beginnt er, die Marotten der Profis nachzuäffen. Er ruft bei so ziemlich jedem Schlag „bite“, „stay“, oder „go“. Auch wenn der Ball nach seinem Schlag noch vor seinen Füßen liegt. Hätte er einen Caddy dabei, würde er nach Lesen der Puttlinie permanent „I like that“ vor sich hinmurmeln.
Wenn ihm – dem eigentlichen Profi – alles zu langweilig wird (meistens, weil er einfach nur der mieseste Hacker im Flight ist), dann greift er zu allem Überfluss auch noch recht fix zum Handy und nervt seinen Flight mit plötzlichem Desinteresse gegenüber dem Golfsport. Kategorie: unerträglich.
von A.M.